EGMR: Schweiz darf afghanischen Konvertiten nicht abschieben

MiGAZIN – geschrieben von Redaktion am 8. November 2019
Schweiz darf afghanischen Konvertiten nicht abschieben

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hat der Schweiz
die Abschiebung eines zum Christentum konvertierten Afghanen in sein
Heimatland untersagt. Die Schweiz würde mit einer Abschiebung gegen das
Verbot unmenschlicher und entwürdigender Behandlung verstoßen, erklärte
der EGMR am Dienstag in Straßburg mit Blick auf die Gefahren, denen der
Mann in Afghanistan ausgesetzt wäre. Das Urteil kann innerhalb von drei
Monaten angefochten werden. (AZ: 32218/17)

Der Afghane kam laut EGMR vor rund fünf Jahren in die Schweiz und bat um
Asyl. Die zuständigen Stellen lehnten dies ab. Ein Gericht machte dem
EGMR zufolge geltend, dass er zwar nicht in seine Ursprungsregion, aber
in die Hauptstadt Kabul abgeschoben werden könne, wo er Familie habe.
Seine in der Schweiz erfolgte Konversion sei kein Hindernis, da die
Verwandten davon nichts wüssten.

Der EGMR befand nun, dass christliche Konvertiten in Afghanistan mit
Verfolgung durch verschiedene Gruppen und auch den Staat rechnen
müssten, es drohe sogar die Todesstrafe. Das Schweizer Gericht habe
nicht geprüft, wie der Mann unter diesen Umständen seinen Glauben
praktizieren könne. Wenn das Gericht meine, er solle dies nur im
Geheimen tun, stünde dem ein Urteil genau desselben Gerichts in einem
anderen Fall entgegen, erklärte der EGMR. Danach könne das tagtägliche
Verleugnen des eigenen Glaubens im Kontext der afghanischen Gesellschaft
unter Umständen als unerträglicher seelischer Druck charakterisiert
werden. (epd/mig)