Vier Ansätze für mehr Flüchtlingsschutz: UNHCR präsentiert Eckpunktepapier zur Bundestagswahl 2021
Das UN-Flüchtlingshilfswerk (UNHCR) identifiziert vier Kernbereiche, die im Wahljahr für Deutschlands Rolle im globalen Flüchtlingsschutz wichtig sind.
Das UN-Flüchtlingshilfswerk ruft die Parteien im Bundestagswahlkampf dazu auf, mit Nachdruck für die Prinzipien des Flüchtlingsschutzes in Deutschland, Europa und der Welt einzutreten. Im Jahr des 70-jährigen Bestehens der Genfer Flüchtlingskonvention sei das ausdrückliche Bekenntnis zur Konvention und das Eintreten für ihre Prinzipien eine rechtliche und moralische Verpflichtung, heißt es im Eckpunktepapier zur Bundestagswahl 2021, das heute in Berlin veröffentlicht wurde.
Das Papier widmet sich vier Themen, bei denen Deutschland den Flüchtlingsschutz aktiv weiter mitgestalten kann: dem Einsatz für die Prinzipen des Flüchtlingsschutzes, Deutschlands internationaler Rolle, dem Einfluss Deutschlands auf die europäische Asylpolitik und der aktiven Aufnahme von Flüchtlingen im Rahmen von Familiennachzug und Resettlement.
„Deutschland ist ein Vorreiter im globalen Flüchtlingsschutz und genießt als Aufnahmeland und als einer der wichtigsten Geber humanitärer Hilfe international große Glaubwürdigkeit. Dieses Gewicht gilt es angesichts der großen Herausforderungen im Flüchtlingsschutz in Europa und der Welt einzusetzen”, sagte die Leiterin von UNHCR in Deutschland, Katharina Lumpp. Die Pandemie hat die humanitären Bedarfe weiter in die Höhe getrieben, aber auch gezeigt, dass multilaterale Zusammenarbeit von Staaten der Schlüssel zur Lösung grenzüberschreitender Herausforderungen ist. Hier bleibt Deutschland weiter gefordert.
In den vergangenen Jahren wurde bei der Integration von Flüchtlingen hierzulande viel erreicht. Diese positiven Errungenschaften, an denen viele Teile der Gesellschaft mitgewirkt haben, sollen wieder verstärkt ins öffentliche Bewusstsein gerufen werden. „Das große Engagement und Zusammenwirken unterschiedlichster Akteure ist ermutigend. Es gibt eine breite gesellschaftliche Unterstützung für den Flüchtlingsschutz. Diese Dynamik sollte in konkretem politischen Handeln münden”, betont Lumpp.
Deutschland solle seine zentrale Rolle in Europa weiter nutzen, um die stockenden Reformbestrebungen für ein Gemeinsamens Europäisches Asylsystem voranzubringen, das den Zugang zu Asyl in der Europäischen Union sichert und fest in der Genfer Flüchtlingskonvention verankert ist. Maßstab der europäischen Flüchtlingspolitik müsse das Verbot von Refoulement bleiben, also von Abschiebung oder Zurückweisung in Situationen, in denen schwere Menschenrechtsverletzungen drohen.
„Pushbacks sind klar völkerrechtswidrig. Den Zugang zu Schutz zu garantieren, ist Verpflichtung aller EU-Staaten. Ziel muss es sein, dass mehr europäische Staaten Verantwortung für Schutzsuchende übernehmen und sie nicht auf Drittstaaten abwälzen”, sagte UNHCR-Vertreterin Lumpp. Das sei nicht nur wichtig für Europa, sondern sende ein wichtiges Signal an große Aufnahmeländer weltweit. „Wie Europa mit Schutzsuchenden umgeht, hat große Strahlkraft und beeinflusst letztlich die Stabilität des globalen Flüchtlingsschutzes,” unterstrich Lumpp. Aus Sicht von UNHCR bedürfe es eines solidarischen Verteilungsmechanismus sowie konkreter Anreize für Asylsuchende und EU-Mitgliedstaaten, um eine faire Teilung der Verantwortung innerhalb eines solchen europäischen Systems nachhaltig zu gestalten.
Deutschland habe zudem durch die aktive Aufnahme von Flüchtlingen in den vergangenen Jahren ein positives Signal der Solidarität mit Erstaufnahmeländern gesendet. Nachdem Programme zur Aufnahme besonders schutzbedürftiger Flüchtlinge (Resettlement) aufgrund der Corona-Pandemie zwischenzeitlich zum Erliegen kamen, gelte es diese Ansätze jetzt weiterzuführen und auszubauen.
Das UNHCR-Papier befasst sich auch mit den Hürden beim Familiennachzug. Diese müssen abgebaut und die Verfahren beschleunigt werden. „Wenn Flüchtlingsfamilien jahrelang getrennt sind und oft um ihre Liebsten fürchten müssen, kann Integration nicht gut gelingen. Mit langen und komplizierten Nachzugsverfahren ist niemandem gedient,” fasste Katharina Lumpp das Problem zusammen.
Die Integration bleibe eine Aufgabe, die von der Aufnahmegesellschaft und Flüchtlingen gemeinsam vorangetrieben werden müsse. Dies könne nur erfolgreich gelingen, wenn Schutzsuchende diesen Prozess aktiv mitgestalten können, wird in dem Papier betont. Partizipation stärke nicht nur den gegenseitigen Respekt, sondern fördere eine gesamtgesellschaftliche Akzeptanz für die Prinzipien des Flüchtlingsschutzes.