Verbrecherische Flüchtlingspolitik“ Sechs Tote jeden Tag – UN legt erschütternde Bilanz für 2018 vor
MiGAZIN – Von Redaktion – 31. Januar 2019
„Verbrecherische Flüchtlingspolitik“
Sechs Tote jeden Tag – UN legt erschütternde Bilanz für 2018 vor
Die Fahrt über das Mittelmeer ist für Bootsflüchtlinge noch gefährlicher
geworden. 2018 kamen pro Tag sechs Migranten bei dem Versuch, Europa zu
erreichen, ums Leben, wie das UN-Flüchtlingshilfswerk beklagt.
Linkspolitikerin Jelpke spricht von „verbrecherischer Flüchtlingspolitik“.
Die Vereinten Nationen prangern eine alarmierend hohe Zahl von
Flüchtlingen an, die bei der Fahrt über das Mittelmeer ums Leben kommen.
Mit durchschnittlich sechs Toten pro Tag sei das Mittelmeer 2018 wieder
die weltweit gefährlichste Seeroute gewesen, teilte das
Flüchtlingshilfswerk UNHCR am Mittwoch in Genf mit. Insgesamt seien dort
im vergangenen Jahr 2.275 Migranten und Flüchtlinge ertrunken.
Den Angaben zufolge sank zwar die Zahl der Toten auf der zentralen
Mittelmeerroute von Libyen nach Europa auf weniger als die Hälfte, aber
die Todesrate hat sich mehr als verdoppelt. Auf jeweils 14 Flüchtlinge
und Migranten, die in Europa ankamen, war laut UNHCR ein Toter zu
beklagen. 2017 kam ein Flüchtling ums Leben, während 38 ihr Ziel erreichten.
UN: EU verantwortlich für das Sterben
Das UNHCR macht die restriktive Flüchtlingspolitik von EU-Staaten dafür
mitverantwortlich, dass Migranten auf Schlepperbooten in Gefahr geraten
und ihr Leben verlieren. So verweigerte Italien privaten
Seenotrettungsschiffen die Einfahrt in seine Häfen. Die Rettung von
Menschenleben auf hoher See sei keine Frage der Politik, sondern eine
uralte Verpflichtung, betonte der UN-Hochkommissar für Flüchtlinge,
Filippo Grandi.
Die Bundesregierung reagierte mit Bedauern auf die Todeszahlen.
Regierungssprecher Steffen Seibert sagte in Berlin, dies sei eine „sehr
traurige Zahl“. Sie zeige, „wie absolut gewissenlos die Schlepper die
Menschen in den Tod schicken, nachdem sie ihnen vorher das Geld
abgenommen haben“. Es sei daher richtig, das kriminelle Schleuserwesen
zu bekämpfen.
Kritik an Zusammenarbeit mit Libyen
Grüne und Linke im Bundestag forderten eine funktionierende
Seenotrettung und kritisierten die Zusammenarbeit mit der libyschen
Küstenwache, die Bootsflüchtlinge zurück nach Libyen bringt. „Die Zahlen
belegen auf erschreckende Weise, was passiert, wenn zivile Seenotrettung
von Staaten verhindert wird und die europäischen Länder selbst keine
Rettungsschiffe mehr stellen“, sagte Grünen-Chefin Annalena Baerbock.
Die EU dürfe dem Sterben nicht weiter zuschauen. „Dringender denn je ist
eine Europäische Seenotrettung notwendig.“
Luise Amtsberg, Sprecherin für Flüchtlingspolitik der
Grünen-Bundestagsfraktion, ergänzte, immer wieder berichteten
Schutzsuchende, sie würden lieber ihr Leben im Meer lassen, als weiter
in den libyschen Foltergefängnissen misshandelt zu werden.
„Verbrecherische Flüchtlingspolitik“
Die Linksfraktion sprach von einer „verbrecherischen Flüchtlingspolitik“
der EU-Staaten. „Statt die Transitländer in Nordafrika zu immer mehr
Abschottungsmaßnahmen zu nötigen, muss die EU Menschen in Not legale und
sichere Fluchtwege eröffnen“, sagte die innenpolitische Sprecherin Ulla
Jelpke.
Laut UNHCR brachten Küstenwachschiffe Tausende Flüchtlinge und Migranten
zurück nach Libyen, wo sie unter entsetzlichen Bedingungen festgehalten
würden. Der Italiener Grandi verlangte eine langfristig ausgelegte
regionale Kooperation, in deren Mittelpunkt der Schutz und die Würde der
Menschen stehen müssten. Im vergangenen Jahr seien 140.000 Flüchtlinge
und Migranten über das Mittelmeer in Europa angekommen, das sei die
niedrigste Zahl seit fünf Jahren. Die meisten Menschen, fast 55.000,
seien 2018 in Spanien eingetroffen. (epd/mig)