Abschiebung und Krankheit | DIMR Menschenrechtsbericht

Der Bericht an den Bundestag zur Menschenrechtssituation in Deutschland ist erschienen. Dieser Bericht wird jährlich vom Deutschen Institut für Menschenrechte erstellt. In diesem Jahr befasst sich eine Studie mit dem Thema „Abschiebung und Krankheit: Perspektiven aus der Praxis und menschenrechtliche Verpflichtungen“ (S. 73-122), die vielleicht von Interesse sein könnten.

Flüchtlingsunterkunft PIPKA geräumt

features kite and residents at PIKPA informal refugee camp

Die griechischen Behörden räumten am Morgen des 30. Oktober die Flüchtlingsunterkunft PIKPA. Die Schließung war ursprünglich am 15. Oktober geplant, wurde aber nach weitläufiger nationaler und internationaler Mobilisierung verschoben. Die Behörden informierten die Bewohner_innen nicht rechtzeitig im Vorfeld über die geplante Räumung und während der Aktion waren zahlreiche Polizist_innen vor Ort.
Seit 2012 hat die offene und selbstorganisierte Flüchtlingsunterkunft PIKPA Tausenden Flüchtlingen und Asylsuchenden auf der Insel Lesbos Unterkunft sowie andere Unterstützungsleistungen zur Verfügung gestellt. PIKPA und andere Einrichtungen, wie das von der Gemeinde Lesbos geführte Camp Kara Tepe, bilden einen Kontrast zum „Modell Moria“ und symbolisieren einen alternativen Ansatz für die Aufnahme von Flüchtlingen und Asylsuchenden: Sie zählen auf Gemeinschaftssinn und Solidarität und bieten ihren Bewohner_innen sichere, menschliche Bedingungen. Nach den verheerenden Bränden im Flüchtlingslager Moria wurden die dortigen Bewohner_innen in ein provisorisches Camp verlegt, das kürzlich auf Lesbos eingerichtet wurde. Dieses Lager ist jedoch nur eine vorübergehende Lösung, weil es weder angemessene Lebensbedingungen für alle Bewohner_innen noch die nötigen Sicherheitsmaßnahmen für besonders gefährdete Menschen bietet.
Alle unbegleiteten Minderjährigen, die in der Unterkunft PIKPA lebten, wurden vor der Schließung auf das griechische Festland gebracht. Amnesty International und andere NGOs übten weiterhin Druck auf die Behörden aus, um den Schutz und angemessene Lebensbedingungen für die verbleibenden 74 Bewohner_innen, darunter Erwachsene und Familien, sicherzustellen. Am Tag der Räumung wurden die Menschen in das kleine Camp Kara Tepe gebracht, wo die Bedingungen grundsätzlich besser sind als in dem neuen provisorischen Lager. Die Regierung kündigte jedoch an, dass bis Ende des Jahres auch Kara Tepe geschlossen werden soll – was die ehemaligen PIKPA-Bewohner_innen und die in Kara Tepe untergekommenen Menschen in eine Notlage bringen wird.
Die Zwangsräumung von PIKPA kommt zu einer Zeit, in der die Sorgen über die Bedingungen in dem neuen provisorischen Lager in Lesbos wachsen und in der NGOs in Griechenland mit zunehmenden Einschränkungen zu kämpfen haben.
Die Mitarbeiter_innen und Freiwilligen von PIKPA sind dankbar für die Unterstützung und Mobilisierung von Amnesty International.

Vielen Dank allen, die Appelle geschrieben haben.

Ausstellungseröffnung

Vom 23. Bis zum 25. Oktober, so die Planungen, sollte in der Bischöflichen Akademie ein Asyl-Einführungsseminar stattfinden. Für den Freitagnachmittag, vor Beginn des Seminars, hatten wir gemeinsam mit der Bischöflichen Akademie eingeladen die Ausstellung 70 JAHRE ALLGEMEINE ERKLÄRUNG DER MENSCHENRECHTE gemeinsam zu eröffnen.
Das überbuchte Seminar musste wegen der verschärften Corona-Regeln leider abgesagt werden. Die Ausstellungseröffnung konnte unter Einhaltung strenger Hygienemaßgaben zum Glück, immerhin gab es zahlreiche Anmeldungen, stattfinden. Aufgrund der an diesem Tag rasant nach oben steigenden Corona-Fallzahlen in der Städteregion Aachen und der schwierigen Corona-Situation in den Nachbarländern Belgien und Niederlande waren wir dann letztendlich 15 Personen.

In ihrer Begrüßung ging Frau Dr. Christiane Bongartz, Akademiedirektorin, auf die Entwicklung und Bedeutung der Menschenrechte ein. Dabei reflektierte sie die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte im Kontext der katholischen Kirche mit durchaus kritischen Worten. Ingeborg Heck-Böckler von Amnesty International räumte ein, dass ein Blick auf die Nachrichtenlage nicht gerade optimistisch stimmt: Weiter ertrinken Schutzsuchende auf ihrem Weg nach Europa im Mittelmeer. Staaten schotten sich ab, schüren die Angst vor Flüchtlingen oder „Fremden“, um vermeintliche Sicherheitsmaßnahmen durchzusetzen, die grundlegende Rechte beschneiden. Gemeinsame europäische Lösungen zu finden dauert lange und wird der Situation nicht gerecht. Andernorts werden ethnische Minderheiten systematisch verfolgt und ermordet – wie im Fall der muslimischen Rohingya in Myanmar. In Ländern wie Kenia werden die Rechte bestimmter Bevölkerungsgruppen, wie beispielweise LGBTI-Personen, schlichtweg ignoriert. Rassismus tritt deutlich zutage-fürchterlich in den USA-aber nicht nur dort. Auch in Deutschland müssen wir uns an die eigene Nase fassen. Und auch der Widerstand gegen staatliche Repression hat es schwer. Weltweit gehen Regierungen gegen eine aktive und kritische Zivilgesellschaft vor – sei es in China, Ungarn, Türkei, Mexiko oder Belarus.
Dennoch: Auch wenn es aktuelle Entwicklungen nicht vermuten lassen: Die Geschichte des internationalen Menschenrechtsschutzes ist eine Geschichte kontinuierlichen Fortschritts. Die Formulierung eines universellen Menschenrechtsstandards war 1948 revolutionär: „Alle Menschen sind frei geboren und gleich an Würde und Rechten“, hielten die damals 56 Staaten der Vereinten Nationen in Artikel 1 der Menschenrechtserklärung fest. Im Lichte der Gräueltaten des Zweiten Weltkrieges und Millionen von Kriegsopfern hatten die Vereinten Nationen damit ihren Willen geäußert, solche Verbrechen nie wieder geschehen zu lassen. Die Menschenrechtserklärung sorgte für eine bis heute andauernde Weiterentwicklung und Kodifizierung des internationalen Menschenrechtsschutzes. In zahlreichen Abkommen und nationalen Verfassungen sind die 30 Artikel der Menschenrechtserklärung von 1948 inzwischen rechtsverbindlich festgeschrieben. Die beiden verbindlichen UN-Pakte über bürgerliche und politische sowie über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte, die 1976 in Kraft traten, sind ein Meilenstein für den Menschenrechtsschutz.

Die Pandemie hatte auch auf das Organisieren der Ausstellung erhebliche Auswirkungen. So waren zum Beispiel die Aufhänger für die Bilder beim Postversand hängen geblieben. Corona-Zeiten erfordern Flexibilität und Kreativität: Die Bilder wurden kurz entschlossen auf Stühlen platziert. Von mehreren Besuchenden der Eröffnung wurde diese Notlösung als geschicktes Mittel wahrgenommen zu zeigen, was Menschenrechte für Jeden und Jede von uns sein sollen: Schutz und Sicherheit.
Unser Resümee: Gut, dass wir diese Eröffnung durchgeführt haben. Es entwickelten sich interessante Gespräche und in Zusammenarbeit mit der Bischöflichen Akademie in Aachen werden wir über ein Seminar zur Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte nachdenken.

Amnesty-Report Belgien 2019

Ende April 2019 verabschiedete das belgische Parlament ein Gesetz zur Schaffung einer nationalen Menschenrechtsinstitution.
Zivilgesellschaftliche Akteur_innen begrüßten das Gesetz, waren jedoch besorgt über das begrenzte Mandat der Institution und darüber, wie sie sich in die komplexe institutionelle Landschaft Belgiens einfügen würde.

Nähere Informationen hier:
https://www.amnesty.de/informieren/amnesty-report/belgien-belgien-2019

Frontex in illegale Pushbacks verwickelt

Die Europäische Grenzschutzagentur Frontex ist in der Ägäis in illegale Zurückweisungen von Migranten durch die griechische Küstenwache verwickelt. Das hat eine gemeinsame Recherche des ARD-Politikmagazins Report Mainz, dem „Spiegel“ und den Medienorganisationen „Lighthouse Reports“, „Bellingcat“ und dem japanischen Fernsehsender „TV Asahi“ ergeben.

https://www.tagesschau.de/investigativ/report-mainz/frontex-pushbacks-101.html

und ausführlicher

https://www.bellingcat.com/news/2020/10/23/frontex-at-fault-european-border-force-complicit-in-illegal-pushbacks/