Den Behörden Beine machen – Das EuGH-Urteil zur Familien­zusammen­führung von Flüchtlingen

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Den Behörden Beine machen – Das EuGH-Urteil zur Familien­zusammen­führung von Flüchtlingen

Der Europäische Gerichtshof hat im April 2018 den Familiennachzug von Eltern zu unbegleiteten Kindern maßgeblich erleichtert. Diese Entscheidung stellt die europarechtswidrige Praxis der Behörden auf den Kopf.

Von Dr. Constantin Hruschka – 4. Juni 2018

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat am 12. April 2018 im Urteil A und S den Familiennachzug von Eltern zu unbegleiteten Kindern maßgeblich erleichtert und dabei insbesondere die Frage geklärt, zu welchem Zeitpunkt die Person unter 18 Jahre alt gewesen sein muss. In dogmatisch überzeugender Weise arbeitet der EuGH heraus, dass auf den Zeitpunkt der Asylantragstellung abzustellen ist. Ist also die Person unter 18 Jahre alt, wenn sie einen Asylantrag stellt, dann ist sie für die Familienzusammenführung auch dann als minderjährig anzusehen, wenn sie während des Asylverfahrens volljährig wird. Dieses Urteil hat erhebliche Auswirkungen auf die deutsche Praxis des Familiennachzugs zu unbegleiteten Minderjährigen. Mit der Entscheidung bestätigt der EuGH seine zunehmende grundrechtliche Orientierung in Migrationsfragen.

Recht auf Familienzusammenführung
Unbegleitete Minderjährige sind seit Jahren ein wichtiges und wiederkehrendes Thema in der Debatte um das gemeinsame europäische Asylsystem. In der Regel geht es dabei um verschwundene Kinder oder um die Feststellung des Alters einer Person, die angegeben hat minderjährig zu sein. Gleichzeitig ist die Familienzusammenführung für Drittstaatsangehörige ein nicht nur in Deutschland kontrovers diskutiertes Thema. Der europa- und verfassungsrechtlich äußerst bedenkliche komplette Ausschluss der Familienzusammenführung für subsidiär schutzberechtigte Personen in Deutschland seit dem März 2016 ist hier nur eines von vielen rechtlich wie politisch ungeklärten Themen.
Ein Bereich, der beide Themenkomplexe verbindet, ist der sog. umgekehrte Familiennachzug, also der Nachzug von Eltern zu ihren drittstaatsgehörigen Kindern. Das Europarecht regelt diese Frage in der Familienzusammenführungsrichtlinie (RL 2003/86/EG). Diese sieht vor, dass ein solcher umgekehrter Familiennachzug bei Drittstaatsangehörigen ermöglicht werden muss, wenn das Kind unbegleitet ist und als Flüchtling anerkannt wurde (Art. 10 Abs. 3 Buchst. a) der Richtlinie). Vor der Entscheidung des EuGH war ungeklärt, welcher Zeitpunkt für den Familienzusammenführungsanspruch entscheidend ist. Also anders gesagt: Zu welchem Zeitpunkt muss die Person noch minderjährig sein, um den Anspruch auf eine Familienzusammenführung mit den Eltern zu haben?
Der vorgelegte Fall
Das zuständige niederländische Gericht (Rechtbank Den Haag) hatte in diesem Kontext dem Europäischen Gerichtshof eine Frage zu einem Fall vorgelegt, in dem eine während des Asylverfahrens in den Niederlanden volljährig gewordene eritreische Staatsangehörige nach ihrer Anerkennung als Flüchtling beantragt hatte, dass ihre Eltern (A. und S.) sowie ihre drei minderjährigen Brüder im Rahmen der Familienzusammenführung nachziehen dürfen. Der Anspruch auf Nachzug der Eltern hätte unstreitig bestanden, wenn die Tochter von A. und S. noch minderjährig wäre. Da sie aber im Laufe des Asylverfahrens volljährig wurde, war fraglich, zu welchem Zeitpunkt die Minderjährigkeit (noch) vorliegen muss, damit der Anspruch (weiter) besteht.
Die Eltern hatten geltend gemacht, dass es auf die Einreise ankäme, wohingegen die EU-Kommission der Meinung war, dass auf den Zeitpunkt des Antrags für die Familienzusammenführung abzustellen sei. Die polnische Regierung, die in dem Rechtsstreit interveniert hat, brachte vor, es sei auf den Zeitpunkt der Entscheidung über diesen Antrag abzustellen, während die niederländische Regierung mangels expliziter Regelung in der Richtlinie der Meinung war, dass es Sache des jeweiligen Mitgliedstaates sei, diesen Zeitpunkt zu bestimmen. Das vorlegende Gericht war der Meinung, dass grundsätzlich auf den Zeitpunkt der Einreise abzustellen sei.
Die Entscheidung des Gerichts
Wie in vielen anderen Fällen betont der EuGH zuerst, dass eine einheitliche europäische Lösung in der Regel in allen Fällen gefunden werden muss, in denen Richtlinien nicht ausdrücklich auf das nationale Recht verweisen. Der Gerichtshof suchte also für seine Entscheidung nach einer „autonomen und einheitlichen Auslegung“ der fraglichen Bestimmung (Rn. 41), aus der sich ein eindeutiger Zeitpunkt ergibt, zu dem die Minderjährigkeit bestanden haben muss.
Dieser Zeitpunkt ist nach der Auslegung des Gerichtshofs der Zeitpunkt der Asylantragsstellung des unbegleiteten Kindes. Zu dieser Einschätzung kommt der Gerichtshof aus sehr grundlegenden rechtstaatlichen Erwägungen, die er unter anderem aus dem Gleichheitsgrundsatz ableitet. Überzeugend argumentiert der EuGH, dass es mit den Grundsätzen des Europarechts und insbesondere mit dem besonderen Schutz von Familien und speziell der Familieneinheit von unbegleiteten Minderjährigen nicht vereinbar wäre, wenn in zwei gleich gelagerten Fällen der Anspruch auf Familiennachzug davon abhinge, zu welchem Zeitpunkt die mit der Antragsprüfung befassten nationalen Behörden und Gerichte über den Antrag entscheiden (vgl. dazu insbesondere Rn. 56).
Darüber hinaus betont der Gerichtshof, dass der Grundsatz der Rechtssicherheit (als allgemeiner Grundsatz des Unionsrechts) es gebietet, dass für eine antragstellende Person nicht „völlig unvorhersehbar“ sein darf, ob ein Anspruch (hier der Familiennachzugsanspruch) besteht oder nicht (vgl. dazu Rn. 59).
Aus der weiteren Systematik des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems leitet der Gerichtshof ferner ab, dass es nicht auf den Einreisezeitpunkt ankommen kann, da eine Person, die Flüchtling im völkerrechtlichen Sinne ist, aber keinen Asylantrag stellt, auch keinen europarechtlichen Anspruch auf Familiennachzug hat, da dieser von der Anerkennung als Flüchtling abhängig ist.
Dass trotzdem nicht auf den Zeitpunkt der Entscheidung über den Asylantrag abzustellen ist, begründet der Gerichtshof überzeugend mit dem deklaratorischen Charakter der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft. Eine Person ist aus rechtlicher Sicht bereits Flüchtling, bevor sie als solcher anerkannt wird, daher entsteht ein subjektives also individuelles Recht auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach dem Europarecht bereits mit der Asylantragstellung (vgl. dazu Rn. 53f.).
Gemäß der Entscheidung des EuGH ist der Anspruch davon abhängig, dass die anspruchsberechtigte Person den Anspruch innerhalb einer „angemessenen Frist“ geltend macht. Diese Frist lässt sich nach dem EuGH aus Art. 12 Abs. 1 der Richtlinie ableiten. Dieser ermöglicht es den Mitgliedstaaten die Familienzusammenführung zu Flüchtlingen von weiteren Bedingungen (wie Krankenversicherungsschutz und Lebensunterhaltssicherung) abhängig zu machen, wenn der Antrag nicht innerhalb von drei Monaten gestellt wird, vgl. dazu Rn. 61).
Zusammenfassend lässt sich also festhalten, dass eine Person, die zum Asylantragszeitpunkt unbegleitet und minderjährig war und den Anspruch innerhalb von drei Monaten nach Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft beantragt, einen Anspruch auf umgekehrten Familiennachzug hat.

Folgen der Entscheidung
Der Grundtenor der Entscheidung des EuGH ist eindeutig: Der Gerichtshof misstraut den Mitgliedstaaten beim Schutz von Minderjährigen. Mehrfach betont der EuGH, dass bei einer anderen Auslegung, den Mitgliedstaaten durch verzögerte Bearbeitung der Anträge faktisch eine Möglichkeit gegeben wäre, die Verpflichtungen aus der Richtlinie zu umgehen. Der Gerichtshof hebt daher auch besonders hervor, dass die Familienzusammenführungsrichtlinie einen Anspruch auf den umgekehrten Familiennachzug für unbegleitete Minderjährige vorsieht, bei dessen Gewährung den Mitgliedstaaten kein Ermessen zukommt. Sie müssen diesen Anspruch gewähren, wenn die Anspruchsvoraussetzungen vorliegen. Dies kann nur rechtsgleich und rechtssicher gewährleistet werden, wenn die Mitgliedstaaten keinen Einfluss auf den relevanten Zeitpunkt haben. Andernfalls könnten – so der EuGH – die Mitgliedstaaten, durch mangelnde Ressourcenzuweisung für die Behörden und Gerichte, durch die nicht vorrangige Behandlung von Asylanträgen von unbegleiteten Kindern oder auch einfach aufgrund äußerer Umstände (wie einer plötzlichen Zunahme von Asylanträgen) daran gehindert sein, ihrer Verpflichtung zum besonderen Schutz der Familieneinheit von unbegleiteten Minderjährigen nachzukommen. Das Misstrauen des EuGH gegenüber Mitgliedstaaten in diesem Bereich ist groß und wohl nicht vollkommen ungerechtfertigt.

Für den deutschen Kontext bedeutet die Entscheidung, dass die bisherige Praxis, die von einem Erlöschen des Anspruchs auf Familiennachzug mit Erreichen der Volljährigkeit ausgeht, komplett geändert werden muss. Bislang musste die Einreise der nachziehenden Person(en) erfolgt sein, solange die Person noch minderjährig ist. Interessanterweise ist dieser Zeitpunkt lediglich in Ansätzen von der niederländischen Regierung vorgebracht worden, die die Bestimmung des Zeitpunkts den Mitgliedstaaten überlassen wollte. Aus rechtspolitischer Sicht ist zumindest nicht leicht nachvollziehbar, warum die Bundesregierung in diesem Fall nicht ebenfalls interveniert hat.
Die europarechtswidrige Praxis der Behörden muss nunmehr entsprechend korrigiert werden. Diese Korrektur muss praktisch wirksam sein. In vielen Fällen wird dabei eine Rücknahme des rechtswidrigen Bescheids allein nicht ausreichen. Für behördlich zu Unrecht verweigerte Nachzüge könnte die Frage des Zeitpunkts der Stellung des Antrags auf Familiennachzug relevant sein, da der EuGH dafür drei Monate nach Zuerkennung des Schutzstatus für angemessen hält, ohne dass dies sich direkt aus der Richtlinie ergeben würde. Rechtlich interessant sind auch die Konstellationen, in denen eine Person während des Asylverfahrens volljährig wurde und wegen der deutschen Praxis auf einen Familiennachzugsantrag verzichtet hat. Hier könnte beispielsweise an eine Übergangsfrist zur nachträglichen Beantragung des Familiennachzugs gedacht werden, die verfahrensrechtlich so ausgestaltet sein müsste, dass der Familiennachzug tatsächlich ermöglicht wird. Das bedeutet, dass die Person beantragen sollte, so gestellt zu werden als ob ihr gerade erst die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt worden wäre und daher der Nachzugsantrag noch rechtzeitig gestellt werden kann.
In der Sache begnügt sich der EuGH nicht allein damit, den Mitgliedstaaten die Entscheidung über den relevanten Zeitpunkt, zu dem die Minderjährigkeit bestehen muss, zu entziehen, um so den Rechtsverlust durch eine verzögerte Bearbeitung von Asyl- und/oder Familiennachzugsanträgen zu verhindern. Er betont darüber hinaus eines der wichtigsten Grundprinzipien des Schutzes unbegleiteter Minderjähriger: Die Asylanträge von Kindern sind vorrangig zu prüfen. Daher müssen die Behörden die Asylverfahren in diesen Fällen besonders schnell und effizient durchführen.
Insgesamt folgt der EuGH seiner Tendenz, die europarechtlichen Spielräume der Mitgliedstaaten im Migrationsbereich durch eine grundrechtskonforme und grundrechtssensible Auslegung der Bestimmungen von Richtlinien und Verordnungen Rechnung zu tragen. Durch die Betonung des vorrangig zu beachtenden Kindeswohls zeigt der EuGH zum wiederholten Male den Mitgliedstaaten die grundrechtlichen Grenzen ihrer Möglichkeiten zur restriktiven Auslegung der europarechtlichen Regelungen zu Migration und Asyl auf. Diese Entwicklung hin zu einer einheitlichen, an den Grundrechten  orientierten Auslegung, die spätestens seit der Entscheidung C.K. im Asylbereich klar feststellbar ist, kann als Fortschritt auf dem Weg zu einem grundrechtlich unterfütterten Migrationsregime in Europa angesehen werden. Die Entscheidung steht damit auch gegen den Trend zu einer immer restriktiveren Politik gegenüber international Schutzberechtigten, die sich aktuell insbesondere in den nationalen Debatten in den Mitgliedstaaten und in den Diskussionen um die Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems zeigt.

 

URL des Artikels: http://www.migazin.de/2018/06/04/das-eugh-urteil-familien-fluechtlingen/ 

1. Mai 2018 in Aachen

Ursprünglich dachten wir, etwas abseits mit unserem Stand zu stehen….
Aber der Standort erwies sich letztendlich als Glücksfall: Es konnten in
Ruhe viele intensive Gespräche geführt werden.

Thematisiert wurde die schwierige Arbeit von Gewerkschaften im Iran. Dazu
passendend dann gleich zwei Petitionen, bei denen um die Unterstützung der
Gewerkschafter Ismail Abdi und Reza Shahabi gebten wurde. Zum
Hintergrund: Der Iran hat die Pakte der Vereinten Nationen
unterzeichnet, wonach jeder das Recht hat, einer Gewerkschaft seiner
Wahl beizutreten oder eine Gewerkschaft zu gründen.
Erst seit 2003 dürfen Arbeitnehmer_innen Gewerkschaften gründen oder
ihnen beitreten, werden aber in der Realität unterdrückt und in ihrer
Arbeit behindert. Unter den bestehenden Vorschriften können Islamische
Räte und unabhängige Gewerkschaften nicht in einem Betrieb vertreten
sein. Trotz der Unterdrückung haben Arbeitnehmer_innen im Iran
Vereinigungen und Organisationen gebildet, um u.a. gegen einbehaltenen
Lohn und schlechte Arbeits- und Lebensbedingungen zu protestieren.

Dazu informierten wir über die Arbeit der Save-me-Kampagne und erläuterten
unsere Forderung nach sicheren Zugangswegen.

Zum Musikprogramm beendeten wir unseren Amnesty-Einsatz und lauschten
gebannt den engagierten Liedern von Babylon Tamam. Tränen hatten wir in
den Augen als die jungen Flüchtlinge ein Lied „in eigener Sache“
gesungen haben: Wir kommen nicht wegen Eurem Wetter und wir kommen nicht
wegen Eurem Geld…. Und dann von Flucht, Ankommen, Nicht-Willkommen-Sein
und traumatisierenden Erfahrungen gesungen haben.

Babylon Tamam werden auch bei unserer Kooperationsveranstaltung zum
Tag der Menschenrechte am 15. Dezember in der Citykirche spielen.
Den Termin schon einmal vormerken. Nähere Informationen folgen zeitnah.

Kabinett billigt Gesetzentwurf, Flüchtlinge können auf Familiennachzug hoffen

MiGAZIN Von Redaktion – 11. Mai 2018

Kabinett billigt Gesetzentwurf
Flüchtlinge können auf Familiennachzug hoffen

Vor zwei Jahren ging es für viele nicht mehr weiter: Flüchtlinge, die nur einen untergeordneten Schutzstatus hatten, durften ihre Ehegatten und Kinder nicht nachholen. Das soll sich ändern – wenn auch begrenzt. Maximal 1.000 Angehörige pro Monat sollen kommen dürfen. Von Mey Dudin

Flüchtlinge mit untergeordnetem Schutzstatus können wieder auf den Nachzug ihrer Familien hoffen. Das Bundeskabinett brachte am Mittwoch in Berlin eine Neuregelung auf den Weg, wonach der im Frühjahr 2016 ausgesetzte Familiennachzug ab August wieder möglich sein soll. Allerdings ist dieser auf 1.000 Angehörige pro Monat begrenzt.

Der Bedarf ist deutlich höher: Es gibt an den deutschen Auslandsvertretungen schon rund 26.000 Terminanfragen der Angehörigen von Flüchtlingen mit dem sogenannten subsidiären Schutz, wie aus der Antwort der Bundesregierung auf eine FDP-Anfrage hervorgeht. In den Auslandsvertretungen werden die Visa-Anträge für den Familiennachzug eingereicht. Nach Angaben der Bundesregierung hielten sich zum Stichtag 31. März 2018 rund 200.000 Flüchtlinge mit subsidiärem Schutz in Deutschland auf – etwa 140.000 sind Syrer.
Bundesverwaltungsamt trifft Auswahl
Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) stellte klar, dass für diese Flüchtlinge ein Anspruch auf Familiennachzug künftig nicht mehr bestehe. Er setze bei diesen Flüchtlingen mit eingeschränktem Schutz auf einen begrenzten Familiennachzug mit einer humanitären Auswahl nach klaren Kriterien. Diese Auswahl treffe das Bundesverwaltungsamt. Der Nachzug gilt für Mitglieder der Kernfamilie, also Ehepartner, Kinder und Eltern von minderjährigen Flüchtlingen.
Laut Seehofer gilt in der Startphase des Gesetzes die Grenze von 5.000 Visa in fünf Monaten. Anträge vom August können dann also auch noch im September oder Oktober bearbeitet werden. Ab 1. Januar 2019 gelte aber die strikte Grenze von 1.000 im Monat.
Bundestag und Bundesrat müsse noch zustimmen
Ausgeschlossen ist der Familiennachzug laut Entwurf, wenn eine Ausreise aus Deutschland kurzfristig zu erwarten ist, wenn die Ehe nicht vor der Flucht geschlossen wurde oder wenn ein Urteil wegen einer schwerwiegenden Straftat vorliegt. Dem Gesetzentwurf müssen noch Bundestag und Bundesrat zustimmen.
Bundesjustizministerin Katarina Barley (SPD) widersprach Medienberichten, wonach sogenannten Gefährdern in Ausnahmefällen der Familiennachzug gestattet wird. Gefährder seien nach wie vor von der Familienzusammenführung ausgenommen, betonte sie. Allerdings könne bei Personen, die früher einmal als Gefährder galten, sich aber glaubhaft losgesagt hätten, die Möglichkeit eines Nachzugs der Familie geprüft werden. Glaubhaft losgesagt haben sich laut Barley etwa Personen, die mit den Behörden zusammenarbeiten, um Straftaten zu verhindern.
Der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesinnenministerium, Stephan Mayer (CSU), sagte dem „Kölner Stadt-Anzeiger“, dass sein Ministerium diesen Zusatz nur widerwillig mittrage. „Wir tragen das so mit, vor allem weil die Letztentscheidung beim Bundesinnenministerium liegt“, sagte er dem Blatt und betonte: „Wir haben da die Hand drauf.“
Pro Asyl kritisiert Regelung
Die Caritas äußerte die Sorge, dass sich die Verfahren für die betroffenen Familien noch weiter verzögern, vor allem weil künftig nach komplizierten Kriterien entschieden werde. Die Arbeitsgemeinschaft der Familienorganisationen forderte die Regierung auf, dafür einstehen, dass Deutschland seiner Verantwortung für die Menschenrechte und den Schutz der Familie gerecht werde. Pro Asyl kritisierte, dass aus dem Grundrecht auf Familie ein „Gnadenrecht des Staates“ werde. Der Paritätische Wohlfahrtsverband betonte, dass das Regelwerk gegen das Diskriminierungsverbot verstoße.
Die migrationspolitische Sprecherin der FDP-Fraktion, Linda Teuteberg, forderte Nachbesserungen. Das monatliche Kontingent von 1.000 Personen nannte sie „willkürlich“. Grüne und Linke kündigten Widerstand gegen das Gesetz im Parlament an. Der Bundestag dürfe diesem „verfassungswidrigen Gesetz“ auf keinen Fall zustimmen, erklärte die Innen-Expertin der Linksfraktion, Ulla Jelpke. Die Grünen-Sprecherin für Flüchtlingspolitik, Luise Amtsberg, erklärte, dass ihre Partei das Gesetz entschieden ablehnen werde. (epd/mig)

Ausstellung MENSCHEN AUF DER FLUCHT 

Düsseldorf bis 22.06.2018 Ausstellung MENSCHEN AUF DER FLUCHT

Die Ausstellung MENSCHEN AUF DER FLUCHT  ist in Düsseldorf im Ministerium für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport des Landes Nordrhein-Westfalen, Haroldstrasse 4 in Düsseldorf bis 22.06.2018, 16:00 Uhr zu sehen. Am vergangenen Donnerstag wurde sie von Minister Stamp und Amnesty Generalsekretär Markus N. Beeko eröffnet.

Die 30 Tafeln einer Magnum-Photos-Ausstellung erzählen eine große Geschichte – die von Flucht und Vertreibung.
Die beeindruckenden Bilder erlauben einen Einblick in die individuellen, alltäglichen Geschichten von geflüchteten Menschen: Was heißt es, auf der Flucht zu sein? Was bedeutet es, gesellschaftlicher Umwälzung, Bedrohung und Tod zu begegnen und gezwungen zu sein, das eigene Zuhause zu verlassen, um einen sicheren Ort zu suchen?
Große Fluchtbewegungen sind nichts Neues. Die Ausstellung umreißt die vergangenen 70 Jahre und blickt zurück bis zum Zweiten Weltkrieg – einer Zeit massiver Vertreibungen.
Die internationale Fotoagentur Magnum, mit ihren vielen namenhaften Fotografinnen und Fotografen (z.B. Sebastiao Salgado oder Henri-Cartier Bresson) zeigt in Kooperation mit der internationalen Menschenrechtsorganisation Amnesty International eindrucksvolle Momentaufnahmen zum Leben von Menschen auf der Flucht seit 1948 bis heute – aber auch, wie diese zum neuen Lebensalltag wird und Notlösungen zum Dauerzustand werden. Durch die unterschiedlichen Zeitpunkte und auch Orte der Motive zeigt die Ausstellung, dass Flucht seit 70 Jahren ein gegenwärtiges Thema darstellt und sich die Gegebenheiten in den letzten sieben Jahrzenten global gesehen kaum geändert haben. Die meisten dieser Fotografinnen und Fotografen widmen sich der Dokumentation von bewaffneten Konflikten, Krisen, Unruhen und gesellschaftlichen Umbrüchen in allen Teilen der Welt: von Syrien, Irak und Libyen über Vietnam, Hongkong und Russland bis hin zur Türkei, Griechenland, Österreich und Frankreich.
Die Ausstellung zeigt Fotos von schutzsuchenden Menschen im Zeitraum von 1948 bis heute. Dabei handelt es sich um eindrucksvolle Bilder aus allen Teilen der Welt: von Syrien, Irak und Libyen über Vietnam, Hongkong und Russland bis hin zur Türkei, Griechenland, Österreich und Frankreich. Die Fotos zeigen Momentaufnahmen der Flucht, aber auch, wie diese zum neuen Lebensalltag wird und Notlösungen zum Dauerzustand werden. Durch die unterschiedlichen Zeitpunkte und auch Orte der Motive zeigt die Ausstellung, dass Flucht seit 70 Jahren ein gegenwärtiges Thema darstellt und sich die Gegebenheiten in den letzten sieben Jahrzenten global gesehen kaum geändert haben.
Öffnungszeiten der Ausstellung: Montag bis Donnerstag: 08.00-16.30 Uhr, Freitag: 08.00-16.00 Uhr
Die Ausstellung findet im Foyer und in der sechsten Etage statt.

In den Sommerferien wird die Ausstellung in der Aachener Citykirche zu sehen sein. Nähere Informationen folgen zeitnah.

 

Mit unserer Konzertlesung am Tag gegen Rassismus (21. März) haben wir den Jahreskreis geschlossen-ein Jahr lang organisieretn wir immer wieder Veranstaltungen rund um das Buch DURCH DIE WAND

  1. März 2018

Unsere letzte Konzertlesung zum Buch DURCH DIE WAND im ALTEN SCHLACHTHOF
fand in Eupen am Tag gegen Rassismus statt.
Ein Jahr lang organisierten wir immer wieder, in verschiedenen
Kooperationen, Veranstaltungen zu diesem bemerkenswerten und berührenden
Buch.

Schauspielerin Annette Schmidt vom Theater K in Aachen hat aus dem
autobiografischen Text, geschrieben von Nizaqete Bislimi, vorgelesen.
Wie hat die junge Frau es vom Flüchtling zur erfolgreichen
Rechtsanwältin geschafft? Begleitet wurde die Lesung von einem
orientalisch angehauchten Konzert von Mah-e Manouche.

Zur Autorin und dem Buch:
Nizaqete Bislimi hatte eine glückliche Kindheit, sie wuchs in der
Geborgenheit einer Großfamilie auf, die mütterlicherseits den Roma
angehörte; die Verwandten des Vaters waren Hashkali. Wie ihre
albanischen Nachbarkinder ist sie muslimisch, besucht mit ihnen
gemeinsam die Schule. Doch Anfang der 1990er Jahre wachsen die
Spannungen zwischen Serbinnen und Serben sowie Albanerinnen und
Albernern. Die Volkszugehörigkeit der Eltern wird nun zunehmend zum
Auslöser von Diskriminierungen und Ausgrenzungen. 1993 wird das
14-jährige Mädchen von Fluchthelferinnen und Fluchthelfern außer Landes
gebracht.
Angekommen in Deutschland ist Nizaqete getrieben von einem Hunger nach
Bildung. Weniger die Enge in den Flüchtlingsunterkünften werden zur
Belastung für die Familie als vielmehr die existentiellen Sorgen um die
ungewisse Zukunft. Erst 2007, also 14 Jahre, später erhielten Nizaqete
Bislimi und ihre Familie das Aufenthaltsrecht. Zu dieser Zeit war sie
bereits Referendarin im Staatsdienst und sprach deutsches Recht.
Nizaqete Bislimi  arbeitet heute als Rechtsanwältin in einer Essener
Anwaltskanzlei und ist Erste Vorsitzende des „Bundes Roma Verbands e.V.“
Sie sagt: „Es gibt viele erfolgreiche Roma in Deutschland. Doch die
meisten geben sich nicht als Roma zu erkennen. Aus Angst vor den alten
Stigmata.“

Mit Unterstützung der Buchhandlung LOGOS konnten wir einen Büchertisch
organisieren.

Danke für alle Unterstützung und das Interesse an dem Thema!

 

Aussetzung des Familiennachzugs für Flüchtlinge mit eingeschränktem Schutzstatus bleibt vorerst weiter bestehen

Die Aussetzung des Familiennachzugs für Flüchtlinge mit eingeschränktem
Schutzstatus bleibt vorerst weiter bestehen. Das
Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe hat in einem am Freitag
veröffentlichten Beschluss den Antrag auf einstweilige Aufhebung der
gesetzlichen Bestimmung und zur Erteilung vorläufiger Visa zum
Familiennachzug abgelehnt. (AZ: 2 BvR 1459/17)

Urteil Bundesverfassungsgericht

Erstes Abschiebezentrum soll im Herbst starten

MIGAZIN vom 3. April 2018

Seehofers Masterplan
Erstes Abschiebezentrum soll im Herbst starten
Bis Herbst soll das erste Rückführungszentrum für Flüchtlinge starten. Dort soll das gesamte Asylverfahren abgewickelt werden. Weiteres Ziel der Bundesregierung sei es, die Zahl der Abschiebehaftplätze zu erhöhen.

Die Bundesregierung will bis Herbst das erste Rückführungszentrum für Flüchtlinge starten. Es werde „in Verantwortung der Bundespolizei“ betrieben, sagte Innenstaatssekretär Stephan Mayer (CSU) der „Süddeutschen Zeitung“. Die Einrichtung soll als Modell für die sogenannten Ankerzentren dienen, in denen nach dem Willen von Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) das gesamte Asylverfahren abgewickelt und beschleunigt werden soll. „Ich bin zuversichtlich, dass wir nach den Osterfeiertagen ein Eckpunktepapier vorlegen können“, sagte Mayer.

Es würde sich anbieten, für das Modellprojekt eine schon vorhandene Einrichtung zu nutzen, sagte der CSU-Politiker. Denkbare Standorte wären Manching oder Bamberg in Bayern, wo es bereits Transitzentren gibt. Auch die Erstaufnahmeeinrichtung im hessischen Gießen kommt in Betracht. Dort gibt es Platz für insgesamt 13.000 Menschen, dazu weitere 3.000 Plätze in ehemaligen Kasernen der US-Truppen.
Regierung will Zahl der Abschiebehaftplätze erhöhen
Das Ziel der Bundesregierung müsse es zudem sein, „die Zahl der Abschiebehaftplätze erheblich zu erhöhen“, sagte Mayer. 400 Abschiebehaftplätze in ganz Deutschland seien „deutlich zu wenig“. Der Bund werde künftig mehr Verantwortung übernehmen. Aber auch die Länder müssten sich stärker einbringen, sagte der Innenstaatssekretär.
Im Koalitionsvertrag haben Union und SPD unter anderem die Errichtung sogenannter Anker-Zentren vereinbart, in denen Asylverfahren komplett abgewickelt und aus denen heraus gegebenenfalls auch Rückführungen stattfinden sollen. Bundesinnenminister Seehofer hatte nach Amtsantritt zudem einen „Masterplan für Abschiebungen“ angekündigt. Dafür sind die Bundesländer zuständig. Der Bund will aber prüfen, ob und wie er Zuständigkeiten an sich ziehen oder die Länder unterstützen kann. (epd/mig)

Familienasyl und internationaler Schutz für Familienangehörige im Kontext des Familiennachzuges – Neue Arbeitshilfe erschienen

Das Thema Familienasyl gewinnt in der Praxis zunehmend an Bedeutung. Fragen hierzu treten nicht nur in der Asylverfahrensberatung auf, sondern gerade auch bei den Beratungsstellen, die bei der Familienzusammenführung unterstützen. Auf die Frage, ob es besser ist, einen Antrag auf Familienasyl zu stellen oder sich auf die Aufenthaltserlaubnis zum Familiennachzug zu beschränken, gibt es keine pauschale Antwort. Dies muss vielmehr individuell in jedem Fall entschieden werden und ist von verschiedenen Faktoren abhängig.

Aus diesem Grund wurde die Arbeitshilfe „Familienasyl und internationaler Schutz für Familienangehörige im Kontext des Familiennachzuges“veröffentlicht, die dabei helfen soll, alle für diese wichtige Entscheidung wesentlichen Faktoren zu kennen und im Einzelfall richtig zu entscheiden.

Sie finden die Arbeitshilfe auf der Homepage des Paritätischen: 
http://www.der-paritaetische.de/publikationen/familienasyl-und-internationaler-schutz-fuer-familienangehoerige-im-kontext-des-familiennachzuges/