Heute ist Weltflüchtlingstag!
Seenotrettung ermöglichen und sichere Zugangswege aus Libyen nach Europa schaffen!
Fordere von Kanzlerin Angela Merkel eine Kehrtwende in der europäischen Flüchtlingspolitik.
https://www.amnesty.de/
Seenotrettung ermöglichen und sichere Zugangswege aus Libyen nach Europa schaffen!
Fordere von Kanzlerin Angela Merkel eine Kehrtwende in der europäischen Flüchtlingspolitik.
https://www.amnesty.de/
15. Juni 2019
In Bonn wurde gefeiert: Die Save-me-Kampagne hatte Geburtstag. 10 Jahre
wurde engagiert für Resettlement und Humanitäre Aufnahmeprogramme
gearbeitet. Wir gratulieren unseren engagierten Mitstreitern und
Mitstreiterinnen und freuen uns auf den für nach dem Sommer angedachten
weiteren Austausch!
Berlin, 19. Juni 2019
Pressemittteilung von UNHCR zum morgigen Weltflüchtlingstag
Weltweit erstmals mehr als 70 Millionen Menschen auf der Flucht
Zahl der Ankünfte in Deutschland sinkt weiter erheblich
Während die Zahl der Asylbewerber in Deutschland weiter deutlich sinkt, hat das UNFlüchtlingshilfswerk UNHCR weltweit zum ersten Mal mehr als 70 Millionen Menschen auf der Flucht gezählt. Zum 31. Dezember 2018 habe es auf der Erde 70,8 Millionen Flüchtlinge, Vertriebene und Asylbewerber gegeben, sagte der Hohe Kommissar der Vereinten Nationen für Flüchtlinge, Filippo Grandi, am Mittwoch in Berlin bei der Vorstellung des UN-Flüchtlingsberichts „Global Trends“. Das seien 2,3 Millionen mehr als ein Jahr zuvor – und doppelt so viele wie vor 20 Jahren. Es ist zugleich die höchste Zahl von Flüchtlingen, die UNHCR, geschaffen 1950, je gezählt hat.
„Die Daten unterstreichen, dass die Zahl der vor Krieg, Konflikten und Verfolgung fliehenden Menschen langfristig steigt“, sagte Grandi. „Obwohl die Sprache, wenn es um Flüchtlinge und Migranten geht, oft vergiftet ist, sehen wir aber auch phantastische Beispiele von Großmut und Solidarität, gerade von Gemeinschaften, die selbst schon einer großen Zahl von Flüchtlingen Schutz gewähren. Wir sehen auch beispielloses Engagement von neuen Akteuren, wie Entwicklungshilfeorganisationen, der privaten Wirtschaft und von Einzelnen. Sie spiegeln nicht nur den Geist des Globalen Paktes für Flüchtlinge wieder, sondern leben ihn auch.“ Grandi sagte weiter: „Auf diesen positiven Beispielen müssen wir aufbauen und unsere Solidarität für die vielen Tausenden, die jeden Tag vertrieben werden, verdoppeln.“
In Deutschland ging die Zahl der neuen Asylanträge wieder deutlich zurück. Im vergangenen Jahr suchten 161 900 Menschen um Schutz vor Krieg und Verfolgung nach. Im Jahr zuvor waren es noch 198 300, im Jahr 2016 sogar 722 400. Die größte Gruppe der Asylsuchenden, 44 200, bilden nach wie vor Syrer. An zweiter Stelle folgen erneut Iraker (16 300) und an dritter kommen Menschen aus Iran. Im Gegensatz zu fast allen anderen Nationalitäten stieg hier die Zahl der Asylgesuche an, von gut 8600 auf knapp 10 900. Dafür sank die Zahl der afghanischen Asylbewerber innerhalb von nur zwei Jahren von 127 000 auf 9900 im letzten Jahr. Weitere Länder mit hohen Zahlen von Asylgesuchen waren Nigeria (10 200), die Türkei (10 200), Eritrea (5600) und Somalia (5100).
Insgesamt gab es in Deutschland zum Jahreswechsel 1 063 800 anerkannte Flüchtlinge. Genau die Hälfte, 532 100, waren aus Syrien, gefolgt vom Irak (136 500), Afghanistan (126 000), Eritrea (55 300), Iran (41 200), Türkei (24 000), Somalia (23 600), Serbien und Kosovo (9200), Russland (8100), Pakistan (7500) und Nigeria (6400).
“Diese Zahlen zeigen zum einen das Engagement der Deutschen: Sie verweigern Menschen in Not nicht ihre Hilfe und ihren Schutz und die Integration macht große Fortschritte“, sagte Grandi. „Es wird aber zugleich deutlich, dass die Flüchtlingskrise woanders stattfindet: Etwa in Libanon, wo mehr als jeder Sechste ein Flüchtling ist. Oder in Bangladesch, das fast ebenso viele Flüchtlinge aufgenommen hat wie Deutschland, obwohl es nur sehr begrenzte Möglichkeiten hat. Diese Solidarität der Libanesen, Bangladescher und auch der Deutschen hat meinen höchsten Respekt.“
Mit 70,8 Millionen übersteigt die Zahl der Menschen auf der Flucht die der Einwohner Frankreichs oder Großbritanniens deutlich. Davon sind 25,9 Millionen Flüchtlinge, also Menschen, die vor Krieg und Verfolgung aus ihrem Land geflohen sind. Das ist ein Plus von 500 000. Darin enthalten sind 5,5 Millionen palästinensische Flüchtlinge unter dem Mandat von UNRWA. Zu den Flüchtlingen kommen 3,5 Millionen Asylbewerber, bei denen mithin die Entscheidung über ein Asylgesuch noch aussteht. Die größte Gruppe sind mit 41,3 Millionen die Binnenvertriebenen, also Menschen, die innerhalb ihres Heimatlandes auf der Flucht sind.
Für Hunderttausende Menschen hat sich die Situation aber auch gebessert. So konnten 593 800 Flüchtlinge nach Hause zurückkehren. Weitere 62 600 wurden Staatsbürger des Landes, in dem sie Schutz gefunden hatten. Und 92 400 kamen per Härtefallaufnahme (Resettlement) in ein sicheres Aufnahmeland. Letzteres sind allerdings nur sieben Prozent der Flüchtlinge, für die es aus Sicht von UNHCR dringend eine solche Lösung geben müsste. Hochkommissar Grandi: „In jeder Notsituation muss das Ziel immer sein, dass die Flüchtlinge wieder nach Hause zurückkehren kann. Das ist die ständige Herausforderung für UNHCR. Eine Lösung kann es aber nur geben, wenn alle Länder zusammenarbeiten. Das ist eine der großen Herausforderungen unserer Zeit.“
16. Juni 2019, 9:23 Uhr
Quelle: ZEIT ONLINE, dpa, af
Asylverfahren: Bundesamt hebt rund 1,8 Prozent der Asylbescheide auf
Nur ein kleiner Teil der positiven Asylbescheide wird im Nachhinein
widerrufen. Mehr als 98 Prozent der Prüfungsverfahren bestätigen ein
Anrecht auf Asyl.
Hier das Statement von Luise Amtsberg (Bundestagsfraktion Bündnis 90/
Die Grünen):
„Derzeit leitet das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF)
anlasslos bei fast allen Menschen, die einen Schutzstatus erhalten
haben, Widerrufsverfahren ein. Im Geordnete-Rückkehr-Gesetz soll die
Frist zur Einleitung des Widerrufverfahrens von drei auf bis zu fünf
Jahre erhöht werden, weil die Kapazitäten des BAMF durch die
Widerrufsverfahren unnötig strapaziert werden. Das Asylgesetz sieht vor,
dass ein positiver Bescheid nur widerrufen werden kann, wenn sich die
Situation im jeweiligen Herkunftsland nachhaltig verbessert hat. Davon
sind wir bei den Hauptherkunftsländern Syrien, Irak, Eritrea und
Afghanistan aber sehr weit entfernt.
Unsere Konzertlesung in Eupen mit Texten aus dem Buch VON FLUCHTEN UND WIEDERFLUCHTEN und Musik von Sasan Azodi, einem Mitglied von Babylon Tamam und der afrikanischen Sängerin Dianka aus Brüssel
Rassismus und Gewalt machen sprich-wörtlich heimatlos. Sie treiben Menschen in die Flucht. Dem stellten sich Farwa Ahmadyar, Issam Alnajm, Barbara Finke-Heinrich und Artur Nickel (Hg.) mit ihrem Anthologie-Lesebuch „Von Fluchten und Wiederfluchten“ in einer Konzertlesung am 6. April in Eupen im Kulturzentrum Alter Schlachthof. Für den passenden musikalischen Rahmen hatten wir die Band Baylon Tamam aus Aachen eingeladen. In dieser Band haben sich geflüchtete Jugendliche um den Musiker Sasan Azodi zusammengefunden, und machen gemeinsam Musik. Dabei verbinden sie die traditionellen Klänge ihrer Herkunftsländer mit westlichem Pop und Hip-Hop zu einer Musik, die keine Grenzen und Herkunft mehr kennt. Die Grenze Belgien-Deutschland machte uns dann aber einen Strich durch die Rechnung: Wenige Tage vor dem Konzert erhielten wir die Entscheidung der Aachener Ausländerbehörde, dass, bis auf einen jungen Flüchtling, Babylon Tamam nicht nach Eupen fahren und spielen dürfen. Mit der großartigen Musik von Dianka, Sasan und Idriz und den Texten, die unter die Haut gingen, wurde es dennoch ein beeindruckender Abend. Sasan Azodi hat ein Lied über Nasrin Sotoudeh komponiert, das er vor der Pause spielte. Danach rief er zur Unterstützung der Amnesty Petition für die iranische Rechtsanwältin, die im März 2019 zu 33 Jahren Haft und 148 Peitschenschlägen verurteilt wurde, auf. Hier der Link zu dem Lied: https://youtu.be/51WhQbGYYqk. Die Petition für Nasrin Sotoudeh kann im Internet unterschrieben werden: https://www.amnesty.de/mitmachen/urgent-action/nasrin-sotoudeh-muss-freigelassen-werden.
Auch die Ausstellung zu 70 Jahre Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte fand interessierte Beachtung und passte gut in den Rahmen der Veranstaltung. Zufällig ergänzt wurde unsere Amnesty-Ausstellung durch Ausstellung „Papierlos auf der Flucht“, die von dem aus Mexiko stammenden und in Eupen lebenden Künstler Cristian Pineda mit Flüchtlingen aus El Salvador, Guatemala und Honduras gestaltet wurde.
MiGAZIN
Als 2015 viele Flüchtlinge nach Deutschland kamen, wollten viele Bürger
privat mit Unterkunft helfen. Rechtlich stieß das an Grenzen. Jetzt
startet der Bund ein neues Aufnahmeprogramm, das privates Engagement
voraussetzt.
Von Redaktion – 7. Mai 2019
Der Bund startet in Kooperation mit Wohlfahrtsverbänden und Kirchen ein
neues Programm zur Aufnahme besonders schutzbedürftiger Flüchtlinge. Das am Montag in Berlin vorgestellte Pilotprogramm „Neustart im Team (NesT)“ sieht vor, dass Mentorengruppen einem Flüchtling den Weg nach
Deutschland ebnen, indem sie sich zu finanzieller und ideeller
Unterstützung verpflichten. Ziel sei es, privates Engagement mit den
staatlichen Komponenten zu koppeln, erklärte das Bundesinnenministerium, das gemeinsam mit der Integrationsbeauftragten der Bundesregierung und dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge das Projekt begleitet.
Es sei eine Ergänzung humanitärer Aufnahmeprogramme, sagte der
parlamentarische Staatssekretär im Innenministerium, Stephan Mayer
(CSU). Ohne ehrenamtliche Akteure wäre Integration nicht zu schaffen,
sagte die Integrationsbeauftragte Annette Widmann-Mauz (CDU). Sie
äußerte sich erfreut darüber, dass die Hilfsbereitschaft bei Aufnahme
und Integration Schutzsuchender immer noch enorm hoch sei. Nach ihren
Angaben gibt es schon mehrere Interessensbekundungen für das Programm.
Pflichten der Mentoren
Zu den Pflichten der Mentoren innerhalb des Programms wird es gehören,
angemessenen Wohnraum zu finden und über zwei Jahre die Nettokaltmiete zu finanzieren. Die Mentoren sollen auch bei Behördengängen, Stellensuche oder Zugang zu Sprachkursen unterstützen. Das Pilotprojekt umfasst zunächst 500 Plätze. Die ersten Einreisen sollen den Angaben zufolge ab dem Sommer stattfinden. Koordiniert werden soll das Programm über eine zentrale Stelle, die von der Bertelsmann und der Mercator Stiftung sowie der Evangelischen Kirche von Westfalen finanziert wird.
Bereits 2015, als viele Flüchtlinge nach Deutschland kamen, gab es
zahlreiche Forderungen, Schutzsuchende nach Deutschland zu lassen, wenn Bürgen für sie aufkommen. Damals wurde dies über Aufnahmeprogramme vor allem der Bundesländer möglich gemacht. Die Bürgschaften hatten teilweise aber erhebliche finanzielle Konsequenzen. Das neue Programm ist in diesem Punkt zeitlich für die Beteiligten befristet.
Unterstützt wird das Projekt unter anderem vom Flüchtlingshilfswerk der
Vereinten Nationen (UNHCR), den beiden großen Kirchen und ihren
Wohlfahrtsverbänden Diakonie und Caritas, der AWO und dem Paritätischen Wohlfahrtverband. Es ist Teil der deutschen Zusagen für das sogenannte, vom UNHCR organisierte Resettlement, bei dem besonders schutzbedürftige Flüchtlinge wie Frauen, Kinder oder Kranke in ein sicheres Land umgesiedelt werden. Mayer sagte mit Verweis auf Zahlen des UNHCR, etwa 1,4 Millionen der weltweit mehr als 68 Millionen Flüchtlinge würden als besonders schutzbedürftig gelten.
Die Bundesregierung hatte im vergangenen Jahr zugesagt, bis Ende 2019
insgesamt 10.200 Menschen im Rahmen von Resettlement-Programmen
aufzunehmen. Nach Angaben des Bundesinnenministeriums wurden bislang rund 3.200 Flüchtlinge aus der Türkei und 276 Menschen, die in Libyen gestrandet waren und nach Niger zurückgingen, in die Bundesrepublik geholt. Auf ihrer Afrika-Reise hat Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) kürzlich zugesagt, für dieses Programm noch einmal 300 Plätze zur Verfügung zu stellen. In Vorbereitung ist nach Angaben des Ministeriums zudem ein Resettlement-Programm für Ägypten, Äthiopien, Jordanien und Libanon mit 2.900 Plätzen. (epd/mig)
Bei unserer Länderinformationsveranstaltung am 10. April waren sich alle
Beteiligten einig: Es gab eine Menge zu erfahren. Thematisiert wurden
Meinungs- und Versammlungsfreiheit und Fragen der Religions- und
Glaubensfreiheit. Auch über „Außergerichtliche Hinrichtungen und
Verschwindenlassen“, Folter, unfaire Gerichtsverfahren und Todesstrafe
wurde gesprochen. Auch die Situation von Flüchtlingen und Migranten in
Ägypten wurde dargestellt. In der Asyldiskussion wurde bereits im
September 2016 vorgeschlagen, Asylsuchende und Migranten, die versuchen,
über das Mittelmeer nach Europa zu gelangen, in sichere Drittstaaten
außerhalb Europas abzuschieben. Dabei wurde auch Ägypten als sicherer
Drittstaat genannt. Dass Ägypten diese Kriterien nicht erfüllt, wurde
sehr deutlich.
Ein wortgleicher Artikel zu der Veranstaltung lässt sich in den AACHENER
NACHRICHTEN und der AACHENER ZEITUNG nachlesen
https://www.aachener-zeitung.de/lokales/aachen/amnesty-international-aachen-laedt-zu-veranstaltung-ein_aid-37974151
Heute im Bundestag:
Reiseroutenbefragung von Asylbewerbern
Inneres und Heimat/Antwort
Berlin: (hib/STO) Im vergangenen Jahr sind laut Bundesregierung insgesamt rund 19.000 Asylerstantragsteller ab 14 Jahren detailliert zu ihrem Reiseweg befragt worden. Wie die Bundesregierung in ihrer Antwort (19/9525) auf eine Kleine Anfrage der AfD-Fraktion (19/8721) weiter ausführt, wird die Reisewegebefragung (RWB) in der aktuellen Form seit Februar 2017 durchgeführt.
Für das erste Halbjahr 2019 ist den Angaben zufolge eine flächendeckende Einführung von RWB von Asylerstantragstellern in den Außenstellen des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Bamf) geplant. Aufgrund der Priorisierung des Asylbereiches habe im Bamf bislang „die Aufgabenerledigung im operativen Bereich, unter anderem Abbau der anhängigen Verfahren“, im Mittepunkt gestanden. Asylerstantragsteller seien aus diesem Grund nur stichprobenartig zu ihren Reisewegen befragt worden.
„Zudecken immer schlecht“
Kretschmer: „Rechtsextremismus ist unser größtes Problem“
MiGAZIN Von Redaktion – 15. April 2019
Sachsens Ministerpräsident Kretschmer sieht den Kampf gegen Rechtsextremismus als eine vordringliche Aufgabe in seinem Bundesland an. Verfassungsschutz-Präsident sieht besorgniserregende Entwicklungen in der rechtsextremistischen Szene.
Von Redaktion – 15. April 2019
Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) sieht den Kampf gegen Rechtsextremismus als eine vordringliche Aufgabe in seinem Bundesland an. Es gebe bei diesem Thema „weiter viel zu tun“, sagte der CDU-Politiker auch mit Blick auf die neuerlich gestiegenen Fallzahlen politisch motivierter Kriminalität im Freistaat dem „Evangelischen Pressedienst“. Gebraucht werde ein politischer und gesellschaftlicher Konsens, „dass wir diesen Kampf aus der Mitte der Gesellschaft führen müssen“. Dies betreffe auch den Kampf gegen linken oder religiösen Extremismus. Aber „Rechtsextremismus ist unser größtes Problem“, sagte der Regierungschef.
Zu einem offenen Umgang mit rechtsextremen Erscheinungen sieht er keine Alternative. „Jeder in der Statistik auftauchende Fall schmerzt und ist für das Land eine Wunde“, sagte Kretschmer. Aber nur durch das Aufdecken dieser Dinge könne dies letztlich auch gesunden: „Zudecken ist immer schlecht.“
Der Präsident des Bundesamts für Verfassungsschutz, Thomas Haldenwang, äußerte sich derweil besorgt über neue Entwicklungen in der rechtsextremistischen Szene. Seine Behörde bemerke eine intensivierte Vernetzung unterschiedlicher rechtsextremistischer Gruppierungen, sagte er der „Welt am Sonntag“: „Die Grenzen zwischen rechtsextremistischen Kreisen und dem Protestbürgertum verschwimmen zunehmend.“
Verfassungsschutzchef will mehr Aufmerksamkeit
„Ich glaube, die Entwicklung des vergangenen Jahres hat gezeigt, dass wir dem Bereich Rechtsextremismus mehr Aufmerksamkeit widmen müssen“, sagte der Verfassungsschutzchef. Nicht nur in Chemnitz seien „ganz neue Entwicklungen“ wahrgenommen worden. Haldenwang hatte an der Spitze der Behörde im vergangenen Jahr Hans-Georg Maaßen abgelöst, dessen Äußerungen über die Ereignisse in Chemnitz als Relativierung rechtsextrem motivierter Ausschreitungen gedeutet wurden.
Sachsens Regierungschef Kretschmer warb dafür, den Kampf gegen Rechtsextremismus „nicht gegen, sondern für etwas“ zu führen. Konkret nannte er die Schlagworte Demokratie, Meinungsfreiheit, eine offene Diskussionskultur und gesellschaftlichen Zusammenhalt. Gefordert seien jeder Einzelne in seinem privaten Umfeld, aber auch Schule, Kommunalpolitik, Polizei, Justiz, Kirchen und Verbände. Verschwörungstheoretiker und Populisten müssten „mit ihren Thesen ins Licht der Öffentlichkeit“ gezogen und dort gestellt werden. (epd/mig)
MiGAZIN : Einsicht nach fünf Jahren: Bundespolizei erkennt kurz vor
Gerichtstermin ‚Racial-Profiling‘ als rechtswidrig an
Überraschende Wendung: Kurz vor dem Gerichtstermin hat die Bundspolizei
die Rechtswidrigkeit einer vor fünf Jahren durchgeführten
verdachtsunabhängigen Personenkontrolle zugegeben. Experten fordern
jetzt Maßnahmen.
Von Redaktion – 11. April 2019
Anfang Januar 2014 fuhr der Wissenschaftler Dr. Andreas S. (Name
geändert), der aus einer deutsch- indischen Familie stammt, mit dem Zug
von Kempten nach München. In der Nähe von Kaufbeuren stiegen
Bundespolizeibeamte zu und führten bei Herrn Dr. S. anlasslos eine
sogenannte verdachtsunabhängige Personenkontrolle durch. Im Waggon
kontrollierten die Beamten keine weiteren Personen.
Der Betroffene, der bereits wiederholt ähnliche Erfahrungen gemacht
hatte, vermutete, wegen seiner Hautfarbe kontrolliert worden zu sein
(Racial Profiling). Hierdurch fühlte er sich diskriminiert. Außerdem
rügte er einen Verstoß der maßgeblichen Vorschrift im
Bundespolizeigesetz für Personenkontrollen gegen Vorgaben des
Europarechts und legte Klage beim Verwaltungsgericht München ein.
Info: Unter „racial profiling“ bezeichnet man eine Personenkontrolle der
Polizei, die nur aufgrund äußerer Erscheinungsmerkmale wie etwa der
Hautfarbe ausgelöst wird. Das Bundespolizeigesetzes regelt
verdachtsunabhängige Personenkontrollen. Amnesty International
kritisiert „racial profiling“ als diskriminierend. Es verstoße gegen das
Grundgesetz. Deshalb fordert die Menschenrechtsorganisation, Teile des
Paragrafen 22 im Bundespolizeigesetz abzuschaffen. Das
Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz hatte 2012 erklärt, dass es
verfassungswidrig sei, wenn die Hautfarbe als ausschlaggebendes
Kriterium für eine Ausweiskontrolle herangezogen werde.
Das erstinstanzliche Urteil des Verwaltungsgerichts München wurde nach
drei Jahren und einer Verzögerungsrüge des Klägers gefällt. Das
Verwaltungsgericht konnte damals keine Rechtswidrigkeit erkennen.
Späte Einsicht
Der Kläger beantragte die Zulassung der Berufung. Darüber sollte am 8.
April 2019 vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof verhandelt werden.
Doch es kam nicht dazu. Kurz vor der Verhandlung teilte die
Bundespolizeidirektion München mit, dass „die von ihren Beamten
durchgeführte Personalienfeststellung des Klägers vom 07.01.2014 sowie
der unmittelbar fernmündlich durchgeführte Personalienabgleich
rechtswidrig waren.“
„Eine späte Einsicht“, so Rechtsanwalt Sven Adam, der den Kläger
vertritt. „Bundesweit hat sich geklärt, dass verdachtsunabhängige
Kontrollen, wenn sie aufgrund phänotypischer Merkmale durchgeführt
werden, rechtlich nicht haltbar sind.“
Expertin: Einsicht müssen Taten folgen
Vera Egenberger, Geschäftsführerin des Büros zur Umsetzung von
Gleichbehandlung e. V. (BUG), erklärt: „Der Einsicht der
Bundespolizeidirektion München müssen Taten folgen. Die interne
Verwaltungsvorschrift der Bundespolizei BRAS 120 muss nun zügig ergänzt
werden, um den Bundespolizeibeamten eine klare Orientierung zu geben,
unter welchen Bedingungen sie verdachtsunabhängige Personenkontrollen
wegen der möglichen illegalen Einreise durchführen dürfen.“ Wenn nicht,
sei das Eingeständnis eine reine Vermeidungsstrategie, um die Sachlage
einer höchstrichterlichen Einschätzung zu entziehen.
Dr. Andreas S. äußerte sich überrascht: „Ich bin erstaunt, dass es einer
Klage, die fünf Jahre dauerte, bedurfte, um nun bei der Bundespolizei
zur Erkenntnis zu gelangen, dass die Kontrolle rechtswidrig war. Ich
hoffe, dass dies zu einem nachhaltigen Umdenken bei der Bundespolizei
führt.“ (bug/mig)