„Armutszeugnis“, Kontingent für Familiennachzug für 2019 nicht ausgeschöpft
MIGAZIN vom 14. Januar 2020
„Armutszeugnis“
Kontingent für Familiennachzug für 2019 nicht ausgeschöpft
Nach einem schleppenden Start wird das 2018 eingerichtete
Kontingent für den Familiennachzug inzwischen regelmäßig
genutzt. Ganz ausgeschöpft wurden die Plätze aber auch 2019
nicht.
Im Kontingent für den Familiennachzug zu Flüchtlingen mit
untergeordnetem Schutz in Deutschland sind auch im vergangenen
Jahr nicht alle Plätze vergeben worden. 2019 wurden rund 10.500
positive Auswahlentscheidungen vom Bundesverwaltungsamt
getroffen und 11.100 Visa erteilt, wie es aus dem Auswärtigen
Amt hieß. Das Kontingent bietet monatlich 1.000 Plätze, also
insgesamt 12.000 pro Jahr. Das ist damit knapp unterschritten
worden.
Wie aus der Statistik des Außenministeriums hervorgeht, blieben
vor allem in der zweiten Jahreshälfte 2019 Zusagen und
Visa-Ausstellungen unter der möglichen Zahl von 1.000. Während
in den ersten Monaten Zusagen und Visa-Erteilungen noch jeweils
bei 1.000 beziehungsweise knapp darunter oder darüber lagen,
sank die Zahl zum Jahresende teilweise unter 800 pro Monat. Im
Dezember bescheinigte das Bundesverwaltungsamt demzufolge nur
581 Anträge positiv.
Für 23.000 potenzielle Antragsteller lagen den Angaben zufolge
im Dezember noch sogenannte Terminanfragen bei den
Auslandsvertretungen weltweit vor. Betroffen von der Regelung
sind vor allem syrische Flüchtlinge, die oft nicht als politisch
Verfolgte anerkannt werden, sondern wegen des Bürgerkriegs in
ihrer Heimat den sogenannten subsidiären Schutz erhalten.
Kompliziertes Verfahren
Sie haben seit 2016 keinen Anspruch mehr auf das Nachholen ihrer
engsten Angehörigen. Im August 2018 wurde für sie das Kontingent
eingerichtet. Hinter der Bewilligung steht ein kompliziertes
Verfahren: Angehörige müssen bei den deutschen Vertretungen in
ihrem Aufenthaltsland den Nachzug beantragen. Danach beginnt die
Prüfung bei den Stellen des Auswärtigen Amts und den
Ausländerbehörden. Die Auswahl trifft letztlich das
Bundesverwaltungsamt, bevor die Auslandsvertretungen wiederum
die Visa ausstellen können.
Insgesamt sind seit Inkrafttreten des Kontingents im August 2018
nach Angaben des Auswärtigen Amts 13.745 Visa ausgestellt
worden. Insbesondere am Anfang wurde das Kontingent weit
unterschritten. In den ersten fünf Monaten Ende 2018 wurden rund
2.000 Nachzüge bewilligt und knapp 1.600 Visa ausgestellt. In
der gesetzlichen Regelung für das Kontingent ist nicht
vorgesehen, dass die Plätze auf das Folgejahr übertragen werden.
Jelpke: Armutszeugnis
Die Linken-Politikerin Ulla Jelpke nannte es ein
„Armutszeugnis“, dass die Plätze nicht ausgeschöpft werden. „Für
die Betroffenen ist die andauernde Familientrennung kaum
erträglich“, sagte sie.
Laut einer Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage von
Jelpke gab es 2019 rund 26.000 Familiennachzüge aus den sieben
Hauptherkunftsländern von Flüchtlingen nach Deutschland. Der
Nachzug zu subsidiär Geschützten ist darin enthalten.
Linke: Einwanderungskorridor weit unterschritten
Familiennachzüge werden für die Berechnung des
Einwanderungskorridors herangezogen, der laut Koalitionsvertrag
von Union und SPD die Spanne von 180.000 bis 220.000 nicht
überschreiten soll. Laut der am Mittwoch vom
Bundesinnenministerium veröffentlichten Statistik gab es 2019
rund 142.500 Asylerstanträge, 31.500 stammten dabei von Kindern,
die bereits in Deutschland geboren wurden.
Nach Schätzung der Linken wird der Einwanderungskorridor für
2019 weit unterschritten, weil Abschiebungen und Ausreisen
wiederum von der Zahl abgezogen werden. Die so errechnete
Gesamtzahl von Asyl-Einwanderern lag bis Ende November bei rund
97.000 Menschen, einschließlich in Deutschland geborenen Kindern
bei rund 127.000, heißt es in der Antwort der Bundesregierung
auf die Anfrage von Jelpke. Die Linke schätzt, dass sich die
Zahl bis Jahresende nicht wesentlich erhöht hat. (epd/mig)