Kleine Anfrage zur Lage von jesidischen Flüchtlingen

Unser Themenschwerpunkt zum Tag gegen Gewalt gegen Frauen (25. November) im letzten Jahr war die Situation von Jesidinnen.

Dazu gab es im Bundestag eine kleine Anfrage, die wir gerne bekannt machen möchten.

Anbei die Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der grünen
Bundestagsfraktion zur „Lage von jesidischen Flüchtlingen“ (BT-Drs.
18/10844).

Luise Amtsberg, flüchtlingspolitische Sprecherin, kommentiert die Antwort
wie folgt:

„Wir begrüßen, dass die Bundesregierung bereit ist jesidische
Schutzsuchende aus Griechenland, insbesondere dem Lager Petra Olympou
aufzunehmen. Angesichts der schwierigen humanitären Lage dort, zumal jetzt
im Winter, ist die Umverteilung enorm wichtig und muss daher auch sehr
zügig erfolgen“ (Frage 10).

Allerdings ist es absurd, dass der Bundesregierung nicht bekannt ist, ob
sich familiäre Bindungen nach Deutschland positiv auf eine Umverteilung
aus Griechenland nach Deutschland auswirken (Frage 7).

Es liegt an der Bundesregierung dies sicherzustellen, statt die
Verantwortung hierfür an Griechenland abzuwälzen. Angesichts der Zahl der
in Deutschland lebenden Jesidinnen und Jesiden einerseits und der
mangelnden Versorgung derer, die in griechischen Lagern ausharren müssen
andererseits ist dieses mangelnde Engagement der Bundesregierung schlicht
fahrlässig.

Dass Sprachkenntnisse und Qualifikationen sowie soziale, familiäre und
kulturelle Bindungen der Schutzsuchenden und ihre entsprechenden
Präferenzen bei der Umverteilung berücksichtigt werden ist eine Maßgabe
der Europäischen Kommission und eigentlich eine Selbstverständlichkeit.

Die Bundesregierung hat noch im Oktober 2016 in ihrer Antwort auf unsere
kleine Anfrage zum Relocation behauptet: „Die Maßgabe der Kommission wird
im Rahmen des Möglichen umgesetzt und berücksichtigt. So werden familiäre
Bindungen gezielt bei der Vorauswahl durch Griechenland bzw. Italien und
bei der Verteilung in Deutschland beachtet“ (Drucksache 18/10152).

Jesidische Schutzsuchende, insbesondere Frauen und Kinder, die sich aus
ISIS/Daesh Gefangenschaft befreien konnten, sind besonders
schutzbedürftig, das sieht auch die Bundesregierung. Es ist auch
begrüßenswert, dass sie dieser Schutzbedürftigkeit Rechnung trägt, indem
sie der Durchführung der Länderprogramme, durch die über 1000 jesidische
Frauen direkt aufgenommen worden, zugestimmt hat (Frage 8). Die
Bundesregierung müsste darüber hinaus jedoch aktiv dafür werben, dass mehr
Länder als bisher sich dem Vorbild von Baden-Württemberg,
Schleswig-Holstein und Niedersachsen anschließen und entsprechend
unterstützen.

Die Tatsache, dass Schutzsuchende aus dem Irak aktuell unter einen
EU-weiten Anerkennungsschnitt von 75% liegen und damit jesidische
Schutzsuchende trotz ihres eindeutigen Schutzbedarfs nicht mehr in das
Relocationprogramm aufgenommen werden, scheint die Bundesregierung nicht
weiter zu beunruhigen (Frage 9) bzw. wälzt sie auch in dieser Frage die
Verantwortung auf Griechenland ab (Frage 10).

Offenbar hat die Einstufung der Verbrechen gegen Jesidinnen und Jesiden in
Irak und Syrien durch die Vereinten Nationen keine Auswirkungen auf die
Bemühungen der Bundesregierung zum Schutz der Opfer dieser Verbrechen. In
ihrer Antwort weist die Bundesregierung auf ihre Unterstützung in Irak
hin, für Schutzsuchenden im Allgemeinen und damit indirekt auch für
Jesidinnen und Jesiden. Die Antwort auf die Frage nach Unterstützung in
Deutschland und innerhalb der EU bleibt sie jedoch schuldig (Frage 18).
Die konkreten Möglichkeiten zur Unterstützung der Menschen in Griechenland
bleiben ungenutzt. Das steht im Widerspruch zu der internationalen
Anerkennung des Schicksals insbesondere weiblicher Jesidinnen, die sich
aus der ISIS/Daesh Gefangenschaft befreien konnten.“